Auf Kommando des DGB-Sekretärs und Veranstaltungsleiters Ulf Immelt zogen mit 1. Mai-Abzeichen, Fahnen und Transparenten die Gewerkschafter durch die Stadt zum Marktplatz.
Bis zur Zwischenkundgebung an der Augustinertreppe wuchs die Zahl der TeilnehmerInnen noch deutlich auf fast das Doppelte an und schließlich waren es am Marktplatz mindestens so viele, wie am Vorabend zum Mai-Einsingen, wie Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies in seinem Grußwort später feststellte.
Auf der Zwischenkundgebung sprachen Nico Dauth und Miriam Hermann vom Bezirksjugendausschuss Mittelhessen der IG Bergbau, Chemie, Energie zu den Problemen der in Ausbildung befindlichen jungen Menschen. Weil die Ausbildungssituation oft schwierig sei, brächen mehr als ein Viertel ihre Ausbildung ab und die Arbeitslosenquote sei unter den Jugendlichen mit 6,3 % überdurchschnittlich hoch. Sie warben für die Mitgliedschaft in den Gewerkschaften, denn diese seien es, die sich für die Arbeitnehmer einsetzten. Der Zusammenhalt auf breiter Basis sei notwendige Voraussetzung auch für Demokratie und Frieden. Zur Eröffnung auf dem Marktplatz erinnerte Pit Metz daran, dass dieser Frieden nicht durch ein Mehr an Rüstungsausgaben gesichert werde. Die Bundeswehr sei schon jetzt an fünfzehn Einsätzen weltweit beteiligt und die geforderten 37 Milliarden Euro seien an anderer Stelle sinnvoller einzusetzen. Bei dem Protest gegen diese Aufrüstung,
zu dem Unterschriftenlisten herumgingen, sei auch Mut zu gesellschaftlichem Ungehorsam notwendig. Das habe er als Lehre aus der 68er-Bewegung mitgenommen.
In seinem Grußwort gab OB Dr. Thomas Spies seiner Freude darüber Ausdruck, dass der 1. Mai wieder auf dem Marktplatz gefeiert werde. Da gehöre er seiner Meinung nach hin. Er wies auf die immer weiter auseinander gehende Schere in der Einkommensentwicklung zwischen Arm und Reich hin und prangerte die hohe Zahl von befristet und prekär Beschäftigten an. Man benötige eine Solidarität 4.0 gegen die Monopolisierung der Macht bei den großen internationalen Konzernen wie Amazon, Facebook und Co.
Landrätin Kirsten Fründt lobte den gerade erzielten Abschluss in den Tarifverhandlungen für den Bund und die Kommunen. Zwar koste das den Landkreis mit seinen 1300 MitarbeiterInnen deutlich mehr Geld, aber für gute Arbeit müsse es auch gutes Geld geben. Zur Sicherung der Kosten für die Verwaltung sei ein gerechtes Steuersystem notwendig. Sie bekräftigte auch, dass beim Landkreis alle befristet Beschäftigten entfristet werden sollten, wenn kein Sachgrund für die Befristung vorliege.
Als nächste Sprecherin beschäftigte sich auch Cansu Budak von der DIDF-Jugend (Föderation demokratischer Arbeitervereine e.V.) mit dem Thema Befristung. Diese gehöre ebenso wie Leiharbeit verboten, damit die Jugend eine Zukunft bekomme. Unter Hinweis auf die geplante Erhöhung des Rüstungsetats forderte sie „Ausbildungsplätze statt Kriegseinsätze“.
Wie schon am Vorabend Pit Metz begrüßte auch Hauptrednerin Andrea Ypsilanti das diesjährige Motto zum 1. Mai. Die inhaltliche Füllung der Begriffe Solidarität, Vielfalt und Gerechtigkeit sei notwendig, um die gesellschaftlichen Verwerfungen des neoliberalen Kurses der letzten Jahre wieder gerade zu rücken. Eine gerechte Verteilung des vorhandenen Vermögens und ein gerechtes Steuersystem könnten dazu beitragen, prekäre Beschäftigung zu vermindern und Lohnerhöhungen zu ermöglichen. Da sei noch viel Luft nach oben. Ebenso sei der sozial und ökologisch verträgliche Umbau der Gesellschaft ein globales Ziel. Der amtierende hessische Ministerpräsident habe vor einigen Wochen zugerufen: „Vergessen Sie den Klassenkampf!“, doch der Klassenkampf werde längst von oben nach unten diktiert. Auch internationale Konflikte und Kriege hätten mit Klassenkampf zu tun und die Gewerkschaften seien gut beraten, diesen Kampf „friedlich und demokratisch, aber in aller Härte“ zu führen.
Solidarität entstehe im gemeinsamen Aufbegehren gegen ungerechte Verhältnisse. Vielfalt verteidigen, heiße, gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung aktiv anzugehen. Die gegenwärtige Situation in Deutschland wie in vielen anderen europäischen Ländern sei beschämend. Unter Hinweis auf die Europawahlen 2019 forderte sie, für ein solidarisches Europa die Ziele „Steueroasen schließen, in Infrastruktur investieren, freie Meinungsäußerung und einen humanen Umgang mit Flüchtlingen“ in den Blick zu nehmen.
Wir haben sehr gute Gespräche zu gewerkschaftlichen Themen geführt, aber auch weiterhin über 60 Unterschriften gesammelt, die sich gegen die Verdopplung des Militärbudgets in Deutschland richten. Laut Bertelsmann-Stiftung können für 34 Mrd. Euro alle Schulen in der ganzen Republik saniert und auf den neusten technischen Stand gebracht werden. Dieses Verhältnis sollte jedem Verantwortlichen in Berlin vor Augen sein, wenn sie/er für diese Erhöhung der Militärausgaben stimmen wird!
Zum Schluss noch einen besonderen Dank an Heinrich, der sich mit einem Hänger durch die engen Gassen der Oberstadt gequält hat, um alle Utensilien der Ortgruppe zu transportieren! Prima gemacht!
Es war ein langer Tag, aber auch ein erfolgreicher Tag für Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit!